Blog von Roadrunner

Gedichte



Diese Gedichte hat wohl einst mein Opa für mich ausgesucht (in seinem alten Lesebuch habe ich heute mein Foto auf dieser Seite gefunden):

Vergißmeinnicht

Vergißmeinnicht in einer Waffenschmiede -
was haben die hier zu tun?
Sollte heimlich der Friede
hinterm Hause am Bache ruhn?

Dumpf fallen die Hämmer in hartem Takt:
Angepackt, angepackt,
die Arbeit muß zu Ende!
Und das Eisen glüht, und das Wasser zischt,
und wenn der Schwalch die Flamme auffrischt,
glänzen die schwarzen Hände.

Aber manchmal blickt ein rußig Gesicht
still nach dem himmelblau blühenden Strauß.
Dann scheint’s, eine Stimme singt hinterm Haus:
Vergiß mein nicht!

Richard Dehmel


Abschied

O Täler weit, o Höhen,
O schöner, grüner Wald,
Du meiner Lust und Wehen
Andächtger Aufenthalt!
Da draußen, stets betrogen,
Saust die geschäftge Welt,
Schlag noch einmal die Bogen
Um mich, du grünes Zelt!

Wenn es beginnt zu tagen,
Die Erde dampft und blinkt,
Die Vögel lustig schlagen,
Daß dir dein Herz erklingt:
Da mag vergehn, verwehen
Das trübe Erdenleid,
Da sollst du auferstehen
In junger Herrlichkeit!

Da steht im Wald geschrieben
Ein stilles, ernstes Wort
Von rechtem Tun und Lieben,
Und was des Menschen Hort.
Ich habe treu gelesen
Die Worte, schlicht und wahr,
Und durch mein ganzes Wesen
Wards unaussprechlich klar.

Bald werd ich dich verlassen,
Fremd in der Fremde gehn,
Auf buntbewegten Gassen
Des Lebens Schauspiel sehn;
Und mitten in dem Leben
Wird deines Ernsts Gewalt
Mich Einsamen erheben,
So wird mein Herz nicht alt.

Joseph Freiherr von Eichendorff

Hobby und Freizeit
Bearbeitet: 3x, zuletzt am 06.10.2013 - 21:49 Uhr